Inhaltsverzeichnis
- Was ist Gicht?
- Symptome
- Ernährung
- Behandlung
- Medikamente
- Hausmittel
- Heilungschance
- Was macht der Arzt?
- Verbreitung und Häufigkeit
- Ursachen
- Verlauf und Stadien
Was ist Gicht?
Die Gicht (auch Gichtarthritis) ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der sich Harnsäurekristalle in den Gelenken und deren Umfeld ablagern und Organe krankhaft verändern können. Die Harnsäurekristalle (Urate) entstehen durch eine zu hohe Harnsäure-Konzentration.
Ursächlich ist ein Ungleichgewicht zwischen Harnsäureproduktion und Harnsäure-Ausscheidung. Die Harnsäure entsteht beim Abbau von Purinen aus der Nahrung. Ausgeschieden wird sie zu rund zwei Dritteln über die Nieren – das restliche Drittel wird über den Stuhl ausgeschieden.
Gicht Symptome
Die typischen Symptome der Gicht |
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heftige Gelenkschmerzen |
Schwellung der betroffenen Gelenke |
Bewegungsschmerz des Gelenks |
Berührungsschmerz |
Hautverfärbung |
Erhitzung der Haut um das Gelenk |
Kopfschmerzen |
Fieber |
Übelkeit |
sichtbare Knotenbildung |
Gelenksteifigkeit |
erhöhter Harnsäurewert (Labor) |
Die Gicht (medizinisch: Hyperurikämie) ist eine in Schüben auftretende Stoffwechselerkrankung. In nahezu allen Fällen liegt der Gicht eine Nierenfunktionsstörung zugrunde. Die geschädigte Niere scheidet zu wenig Harnsäure aus. Diese Funktionsstörung kann vererbt werden oder als Folge anderer Erkrankungen wie Diabetes oder Alkoholismus entstehen.
Niereninsuffizienz droht
Der erhöhte Harnsäure-Spiegel verursacht in erster Linie Gelenkschmerzen und -schwellungen. Deutlich dramatischer ist aber die schmerzlose, schleichende Schädigung der Nieren, die unbehandelt bis zur Niereninsuffizienz führen kann.
Besonders häufig betroffen sind die großen Zehen, das Sprunggelenk und das Knie.
Männer sind deutlich häufiger als Frauen betroffen. Und auch wenn erbliche Faktoren als maßgeblich für eine Gichterkrankung gelten, hat die Lebensweise – vor allem die Ernährung – einen hohen Einfluss auf das Risiko eines Ausbruchs. Patienten, die bereits unter Diabetes und/oder Bluthochdruck leiden, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Gicht.
Vor allem ein hoher Alkohol-, Softdrink- oder Fleischkonsum gilt als Auslöser.
Was tun?
Die Gicht gehört unbedingt in ärztliche Behandlung. Sie kann heute vielseitig therapiert werden. Es kommen diverse Medikamente (NSAR, Cochicin, Cortisol, Urikosurika, Urikostatika) zum Einsatz. Flankierend wird meist eine Ernährungsumstellung eingeleitet.
Unbehandelt kann die Gicht einen lebensgefährdenden Verlauf nehmen. Sie kann die betroffenen Gelenke zerstören und zum Untergang der Nieren führen.
Behandlung und Therapie
Ein akuter Gichtanfall wird mit entzündungshemmenden Medikamenten – wie Kortison – behandelt. Zusätzlich kommen i.d.R. Schmerzmittel zum Einsatz. Auch das Kühlen der betroffenen Gelenke kann den Patienten Linderung verschaffen.
Die nachhaltige Therapie der Gicht besteht in einer Ernährungsumstellung und / oder der Verordnung von Medikamenten, die den Harnsäure-Spiegel senken. (Urikostatika) Der Patient wird angehalten, sich purinarm zu ernähren.
Behandlungsziel: Senkung des Harnsäurewerts in Blut auf einen Wert innerhalb des Normbereichs.
Medikamente
1. Urikostatika
Urikostatika verbessern das Ungleichgewicht im Harnsäure-Stoffwechsel aufseiten der Entstehung. Sie hemmen die Bildung der Harnsäure.
2. Urikosurika
Urikosurika erhöhen die Harnsäure-Ausscheidung über die Nieren und tragen damit zur Wiederherstellung der Harnsäure-Balance bei.
In den meisten Fällen werden die Urikostatika den Urikosurika vorgezogen, da Urikosurika bei bereits vorgeschädigten Nieren problematisch sind.
Hausmittel, Naturheilkunde und Homöopathie
Das im Fall einer unbehandelten Gicht ernsthafte Gesundheitsfolgen drohen, die bis zum Tod des Patienten (bspw. durch akutes Nierenversagen) führen können, muss unbedingt eine ärztliche Behandlung erfolgen. Hausmittel, naturheilkundliche Behandlungen und homöopathische Mittel können allenfalls therapiebegleitend zum Einsatz kommen und sollten mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden:
Hausmittel
- Alkoholverzicht
- ausreichende Trinkmenge sicherstellen
- betroffene Gelenke kühlen
- Ruhigstellung der betroffenen Gelenke
- Verzicht auf purinreiche Kost
Wichtig: Keine Diät halten! Das kann die Gicht verschlimmern.
Prognose
Die Gicht lässt sich heute gut therapieren. Der Behandlungserfolg setzt aber einen möglichst frühen Therapiebeginn voraus. Liegen bereits signifikante Gelenk- und Organschäden vor, sind diese selten vollständig reversibel.
Vor allem die Gichtniere ist eine Folgeerkrankung, der besondere Aufmerksamkeit gebührt. Bei einer unbehandelten Gicht lagern sich in diesem Organ Harnsäurekristalle an und lösen chronische Entzündungen aus. Diese können zu einer Schrumpfniere und letztlich zum vollständigen Untergang des Organs führen.
Der Harnsäure-Spiegel reagiert schnell auf Ernährungsanpassung. Schon innerhalb von einer bis zwei Wochen ist eine deutliche Senkung des Serumspiegels erreichbar. Der Abbau von bereits bestehenden Harnkristall-Ablagerungen im Gewebe kann aber Monate oder sogar Jahre dauern.
Vorbeugung
Die Gicht-Prophylaxe besteht vor allem in der Meidung der Risikofaktoren. Insbesondere sollte der Fleischkonsum reduziert werden, etwaiges Übergewicht abgebaut werden, auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden. Als optimale Gicht-Prophylaxe gilt eine Trinkmenge von ca. 2 Litern. Darüber hinaus ist keine positive Wirkung zu beobachten.
Diagnose: Was macht der Arzt?
Der Arzt wird zunächst ein ausführliches Patientengespräch (Anamnese) führen, um das Beschwerdebild zu erheben und die Lebensgewohnheiten zu beleuchten. In den meisten Fällen kann die Gicht schon durch Vorliegen der typischen Symptomatik diagnostiziert werden. Der Arzt wird vor allem das betroffene Gelenk inspizieren.
Sichergestellt wird die Diagnose durch eine Blutentnahme und anschließende labortechnische Analyse. Der Arzt kann auch das Gelenk punktieren und die abgeleitete Gelenkflüssigkeit untersuchen. Bei einer akuten Gicht finden sich darin Harnsäurekristalle.
Blutwerte
Im Rahmen der labortechnischen Blutanalyse wird vor allem der Harnsäure-Spiegel erhoben. Der ist bei einer bestehenden Gicht i.d.R. erhöht. Auch die Blutsenkungsgeschwindigkeit ist meist beschleunigt. Eine Erhöhung der Leukozytenzahl wird bei Gicht-Patienten ebenfalls regelmäßig beobachtet.
Die Referenzwerte für den Harnsäure-Spiegel im Blut unterscheiden sich zwischen den Geschlechtern. Männer haben üblicherweise einen höheren Harnsäureanteil:
Harnwerte
Im Urin kann ebenfalls der Harnsäure-Spiegel Aufschluss geben. Der Referenzwert liegt bei bis zu 800 Milligramm bzw. 4,76 mmol. Zusätzlich lässt sich der ph-Wert erheben. Bei Gicht-Patienten ist der Urin i.d.R. sauer.
Hinweis: Der Normbereich von Laborwerten kann von Labor zu Labor leicht variieren. Auf der Laboranalyse in i.d.R. der Normbereich angegeben.
Bildgebung
Zusätzlich können bildgebende Verfahren (Ultraschall, Röntgen, MRT) nötig sein, um Folgeschäden der Gicht – etwa Nierensteine, eine Gichtniere oder andere Organschäden – auszuschließen.
Differenzialdiagnosen
Es gibt einige Krankheiten, die sich in ähnlichen Symptomen wie die Gicht manifestieren und mit ihr verwechselt werden können:
- Arthritis
- bakterielle Gelenkentzündung
- chronische Polyarthritis
- Heberden-Arthrose
- Hydroxylapatitkrankheit
- Pseudogicht (Chondrokalzinose)
- Thrombophlebitis (Thrombose und Entzündung oberflächlicher Venen)
- Wundrose (Erysipel) / Phlegmone
Verbreitung und Häufigkeit
Das Lebenszeitrisiko für die Entwicklung einer Gicht beträgt für Männer etwa 3 Prozent – für Frauen liegt es unterhalb der Marke von einem Prozent. Für die Gesamtbevölkerung liegt es etwa bei einem Prozent.
Frauen sind deshalb seltener betroffen, weil das weibliche Sexualhormon Östrogen die Harnsäure-Ausscheidung der Nieren steigert. Dieser Effekt schwindet mit den Wechseljahren und der sinkenden Hormonproduktion im Alter.
Altershäufung: Männer erkranken gehäuft im Alter zwischen 40 und 60 Jahren – Frauen im sechsten Lebensjahrzehnt.
Die Ursache der Gicht – ein erhöhter Harnsäure-Spiegel (Hyperurikämie) – lässt sich bei etwa 20 bis 25 Prozent der deutschen Bevölkerung nachweisen. Man führt die hohe Rate vor allem auf die westliche Lebensweise mit Überernährung, Bewegungsmangel, hohem Fleischkonsum und Übergewicht zurück.
Ursachen
Die Ursache für eine Gicht ist immer ein zu hoher Harnsäure-Spiegel. Der kann wiederum verschiedene Ursachen haben.
Der primären Hyperurikämie liegt ein genetischer Defekt zugrunde. Je nach Defekt kommt es zu einer übersteigerten Harnsäureproduktion oder aber – und das ist der mit rund 99 Prozent der Patienten häufigere Fall – zu einer verminderten Ausscheidung der Harnsäure über die Nieren.
Bei der sekundären Hyperurikämie geht der erhöhte Harnsäure-Spiegel auf eine andere Grunderkrankung zurück. So leiden bspw. viele Patienten mit einer Leukämie unter Gicht. Auch Patienten mit Nierenfunktionsstörungen tragen ein hohes Gicht-Risiko.
Rund 95 Prozent der Gicht-Patienten leiden unter einer primären Hyperurikämie.
Risikofaktoren
- Adipositas
- Alkoholkonsum
- Anämie
- Arteriosklerose
- Bleibelastung
- Bluthochdruck
- Chemotherapie im Rahmen einer Krebserkrankung
- chronische Infektionen
- dauerhafter Schmerzmittelkonsum
- Diabetes
- Diäten (Abbau von Muskelmasse)
- Fasten
- familiäre Vorbelastung
- fleischreiche Ernährung
- hohe körperliche Belastung
- hoher Softdrink-Konsum
- Immunsuppressiva
- Leukämie
- Parkinson-Medikamente
- purinreiche Kost
- Störungen des Fettstoffwechsels
- Strahlentherapie im Rahmen einer Krebserkrankung
- Stress
- Übergewicht
- übermäßige Beanspruchung der Muskulatur
Verlauf und Stadien
Stadien der Gicht:
Stadium | Bezeichnung | Beschreibung |
---|---|---|
I | Hyperurikämie | Der Harnsäurespiegel ist zwar erhöht. Der Patient zeigt aber darüber hinaus keine Symptome. Die Gelenke sind nicht entzündet |
II | aktuter Gichtanfall | Der erste Gichtanfall zeigt sich in der typischen Symptomatik und betrifft zunächst vor allem das Zehen- oder Fußgelenk. |
III | symptomfreie Phase | Zwischen Gichtanfällen liegen längere Phasen völliger Beschwerdefreiheit. |
IV | chronische Gicht | Wiederkehrende Gichtanfälle mit sich verkürzenden Latenzphasen bis zum Dauerschmerz und fehlendem Abklingen der Symptome. |
Krankheitsfolgen und Folgeerkrankungen
Unbehandelt drohen folgende Krankheitsfolgen und Folgeerkrankungen:
- Dauerschmerz
- geschädigte oder zerstörter Gelenke
- geschädigte oder zerstörte Nieren (Schrumpfniere, Nierenversagen)
- Nierensteine
Ernährung bei Gicht
Liste purinhaltiger / purinarmer Lebensmittel
Um den Harnsäure-Spiegel zu senken, der der Gicht zugrunde liegt, ist es wichtig purin-reiche Lebensmittel zu meiden. Die Harnsäure ist ein Abbauprodukt von Purinen aus der Nahrung. Wird deutlich mehr davon erzeugt als abgebaut, entsteht ein Ungleichgewicht. Kristallisiert die überschüssige Harnsäure in den Gelenken und Organen des menschlichen Körpers, spricht man von „Gicht“. Es drohen bleibende Gelenk- und Organschäden.
Lebensmittel, die Gicht fördern
purinreiche Lebensmittel | |
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Fisch | Forelle, Hering, Ölsardinen, Sprotten |
Fleisch | Grillhähnchen, Leber, Niere |
Gemüse | Rosenkohl, Spinat |
Getränke | Bier, Cola, Softdrinks |
Hülsenfrüchte | Bohnen, Erbsen, Linsen, Soja |
Kerne | Grünkern, Leinsamen, Sonnenblumenkerne |
Kochzutaten | Backhefe, Fleischbrühe, Suppenwürfel |
unproblematisch Lebensmittel
purinarme Lebensmittel | |
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Gemüse | Gurke, Kartoffel, Karotten, Kopfsalat, Paprika, Tomaten |
Getränke | Kaffee, Kakao, Milch, Tee |
Getreideprodukte | Polenta, Vollkornbrot, Weißbrot |
Milchprodukte | Joghurt, Käse, Quark |
Nüsse | Cashew-Kerne, Haselnüsse, Mandeln, Walnüsse |
Obst | Apfel |
Sonstige | Hühnerei, Margarine, Pflanzenöle |
Die Gicht ist über eine Ernährungsumstellung bei den meisten Patienten gut therapierbar.
Quellen und weiterführende Literatur
- ICD-10: M10 Gicht Ärztliche Anlaufstellen: Hausarzt, Allgemeinmediziner, Internist, Rheumatologe
- Stoffwechselkrankheit Gicht – Autoren: Reuss-Borst, Monika ; Tausche, Anne-Kathrin – Publikation: Aktuelle Rheumatologie, 2018-06, Vol.43 (3), p.215-223 – DOI: 10.1055/s-0043-121141
- Gicht – Autoren: Tausche, A.‑K ; Aringer, M – Publikation: Zeitschrift für Rheumatologie, 2016-11, Vol.75 (9), p.885-898 – DOI: 10.1007/s00393-016-0206-z
- Gicht – Purin-Punkte-Panik und Leitlinien-Irrsinn – Autoren: Matthias Bastigkeit – Publikation: Ernährung & Medizin 2015; 30(02): 74-77 – DOI: 10.1055/s-0034-1384470
- Gicht: Ultraschall dokumentiert medikamentösen Behandlungserfolg – Publikation: Aktuelle Rheumatologie, 2019-08, Vol.44 (4), p.228-229 – DOI: 10.1055/a-0864-5250
- Gicht – Risiko für Vorhofflimmern bei Patienten mit Gicht – Publikation: Aktuelle Rheumatologie, 2016-12, Vol.41 (6), p.430-430 – DOI: 10.1055/s-0042-119752
- Die Gichtarthritis: Pathogenese, Diagnostik und Behandlung – Autoren: Keyßer, Gernot – Publikation: Deutsche medizinische Wochenschrift, 2020-07, Vol.145 (14), p.991-1005 – DOI: 10.1055/a-1036-8348