Inhaltsverzeichnis
- Was ist Asperger?
- Symptome
- Prominente Betroffene
- Was ist der Unterschied zwischen Asperger und Autismus?
- Asperger: Krankheit oder Besonderheit?
Was ist Asperger?
Das Asperger Syndrom ist eine milde Form des Autismus. Im Gegensatz zum stark ausgeprägten Autismus, bei dem die Symptome bei Kleinkindern bereits im Alter von wenigen Monaten offenbar werden, kann das Asperger Syndrom häufig erst ab dem vierten Lebensjahr diagnostiziert werden.
Da die Symptome eher subtil sind, wurde das Krankheitsbild von der Wissenschaft erst spät entdeckt und erforscht. Einen großen Anteil daran hatte der österreichische Kinderarzt Hans Asperger, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs erstmals fundierte Erkenntnisse lieferte und der Erkrankung ihren Namen verlieh.
Asperger Symptome
Symptome und Anzeichen des Asperger-Syndroms |
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gestörte Aufmerksamkeit |
eingeschränkte Beziehungsfähigkeit |
unangepasstes Verhalten |
mangelnde Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen |
intensive Hobbys |
Introvertiertheit |
auffällige Sprache |
durchschnittliche oder überdurchschnittliche Intelligenz |
Unfähigkeit Mimik, Gestik und Tonalität zu deuten |
monotones Sprechen |
Vorliebe für Routinen |
motorische Probleme |
großer Wortschatz |
Kontaktschwierigkeiten |
Gleichgültigkeit gegenüber der Umgebung |
Schadenfreude (strittig, eventuell Fehlinterpretation außergewöhnlichen Verhaltens) |
Frühe Anzeichen bei Kleinkindern und Babys
- frühzeitig einsetzende Sprachentwicklung
- Neigung zu Wutanfällen
- kein Wiedererkennen bekannter Personen
- Desinteresse an Spielzeug
- keine Reaktion auf Anlächeln
- Abwehrreaktion beim Hochheben
- monotones Lallen
- kein Nachahmen von elterlichen Aktionen
- auffallend starre Körperhaltung
Vom Asperger Syndrom betroffene Menschen leiden unter starken Schwächen im Bereich der sozialen Interaktion mit ihren Mitmenschen. Sie sind nicht in der Lage, die „Zwischentöne“ menschlicher Kommunikation zu erfassen und auszusenden. Darunter sind bspw. Gestik, Mimik oder Variationen im Sprachverhalten zu verstehen.
Auf andere Menschen wirken sie dadurch häufig ungeschickt und roboterhaft. Da vom Asperger Syndrom betroffene Menschen über einen normalen, oft sogar überdurchschnittlichen Intellekt verfügen, gelingt es ihnen jedoch häufig, ihre Krankheit zu überspielen. Sie werden von ihrer Umwelt daher meistens nicht als Autisten, sondern lediglich als Sonderlinge wahrgenommen.
Leitsymptom: Ausdruck Emotionen
Die Gefühls- und Gedankenwelt von Asperger-Patienten ist anders. Das führt dazu, dass es für sie schwierig ist, sich in die Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Mitmenschen hineinzuversetzen. Auf andere wirken sie daher oft introvertiert, werden aber auch als egozentrisch und rücksichtslos wahrgenommen und geraten dadurch schnell in eine soziale Isolation.
Hochbegabung bei Asperger gehäuft
Die Betroffenen sind häufig stark detailorientiert, haben auf der anderen Seite aber große Probleme komplexe Zusammenhänge zu erfassen und richtig einzuordnen. Nicht selten sind vom Asperger Syndrom betroffene Menschen hochbegabt. Sie widmen sich dabei häufig sehr eindimensional einer bestimmten Tätigkeit oder einem Wissensgebiet. In diesen Fällen spricht man von sogenannten Inselbegabungen.
Asperger ist nicht heilbar
Beim Asperger Syndrom handelt es sich um eine Entwicklungsstörung, die nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als nicht heilbar angesehen wird. Hinsichtlich der Ursachen, die zur Entstehung des Asperger Syndroms führen, herrscht noch Ungewissheit. Da Asperger gehäuft in bestimmten Familien auftritt, werden neben neurologischen und biochemischen Fehlfunktionen auch genetische Ursachen vermutet.
Was ist der Unterschied zwischen Asperger und Autismus?
Asperger ist eine milde Form des Autismus, bei der es weder zu einer Intelligenzminderung noch zu einer Entwicklungsverzögerung beim Spracherwerb kommt.
Die Abgrenzung verschiedener Autismusformen wird in der Wissenschaft diskutiert. Es steht die Frage, ob die bisherige starre Einteilung in verschiedene Formen dem Charakter des Autismus gerecht wird, dessen Unterschiede eher graduell und kaum kategorisierbar sind.
Berühmte Asperger-Betroffene
- Greta Thunberg
- Susan Boyle
Greta Thunberg
Greta Thunberg geht offen mit ihrem Asperger-Syndrom um. Im Interview mit dem deutschen Fernsehen (ZDF / Aspekte / 10.2.2019) sagte sie:
„Ich denke, wenn ich kein Asperger hätte, wäre das hier nicht möglich gewesen. Ich hätte einfach weiter so gelebt und gedacht, wie jeder Andere auch. Ich sehe die Welt aus einer anderen Perspektive – schwarz und weiß.“
Susan Boyle
Susan Boyle war froh, als bei ihr Asperger diagnostiziert wurde. Die Sängerin wurde in ihrer Kindheit von Teilen ihres Umfelds wie eine geistig Behinderte behandelt. Man erzählte ihr, sie habe einen Hirnschaden. Später stellte sich heraus, dass sie über einen überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten verfügt. Sie selbst habe immer gespürt, dass die Einschätzung, sie sei ein bisschen „einfach“ oder „dumm“, falsch war.
„Jetzt habe ich eine genauere Vorstellung davon, was nicht stimmt, und ich fühle mich erleichtert und ein bisschen entspannter mir selbst gegenüber.“
Krankheit oder Besonderheit?
Es wird diskutiert, ob Asperger-Betroffene als „Patienten“ oder „Erkrankte“ und Asperger als „Krankheit“ bezeichnet werden sollten. Im Gegensatz zu vielen anderen angeborenen Erkrankungen ist Asperger eben nicht nur eine Einschränkung.
Die Betroffenen haben in einem Bereich Schwächen, sind in anderen Bereichen den „normalen“ Menschen aber weit überlegen. Vielleicht betrachten wir in einigen hundert Jahren diese genetische Besonderheit als Teil der Weiterentwicklung des Menschen, so wie viele andere zufällige Mutationen zuvor auch.
- Autismus Symptome – Die typischen Anzeichen erkennen
- Depression – Symptome, Ursachen, Behandlung und Selbsthilfe
- Borderline Syndrom – Ursachen, Symptome und neue Therapien
Quellen
- ICD-10: F84.5 Asperger-Syndrom
- Ärztliche Anlaufstellen: Hausarzt, Allgemeinmediziner, Psychiater
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- Asperger’s syndrome: What to consider? – Autoren: Mirkovic B, Gérardin P – Encephale. 2019 Apr;45(2):169-174. – DOI: 10.1016/j.encep.2018.11.005 – PMID: 30736970
- Severity of Autism Symptoms and Degree of Attentional Difficulties Predicts Emotional and Behavioral Problems in Children with High-Functioning Autism; a Two-Year Follow-up Study – Autoren: Andersen PN, Hovik KT, Skogli EW, Øie MG – Front Psychol. 2017 Nov 14;8:2004 – DOI: 10.3389/fpsyg.2017.02004 – PMID: 29184527 – PMCID: PMC5694568
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- Comparison of clinical symptoms in autism and Asperger’s disorder – J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 1996 Nov;35(11):1523-31. – Autoren: Eisenmajer R, Prior M, Leekam S, Wing L, Gould J, Welham M, Ong B. – PMID: 8936920 – DOI: 10.1097/00004583-199611000-00022
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- Childhood inattention and hyperactivity symptoms self-reported by adults with Asperger syndrome – Autoren: Tani P, Lindberg N, Appelberg B, Nieminen-von Wendt T, von Wendt L, Porkka-Heiskanen T – Psychopathology. 2006;39(1):49-54. Epub 2005 Nov 18 – PMID: 16299413 – DOI: 10.1159/000089910
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- Asperger syndrome – Autoren: Woodbury-Smith, Marc ; Volkmar, Fred – European Child & Adolescent Psychiatry, 2009, Vol.18(1), pp.2-11 – DOI: 10.1007/s00787-008-0701-0
- Subtyping the Autism Spectrum Disorder: Comparison of Children with High Functioning Autism and Asperger Syndrome – Autoren: de Giambattista, Concetta ; Ventura, Patrizia ; Trerotoli, Paolo ; Margari, Mariella ; Palumbi, Roberto ; Margari, Lucia – Journal of Autism and Developmental Disorders, 2019, Vol.49(1), pp.138-150 – DOI: 10.1007/s10803-018-3689-4
Bei dem Aspergers Syndrom handelt es sich nicht um eine Krankheit in diesem Sinne, die es zu „heilen“ gilt, sondern um eine neurogenetische Entwicklungsstörung, beziehungsweise bedeutet es eine veränderte Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung.
Es ist lediglich eine „Andersstrukturierung“ des Gehirns, welche zum Beispiel dafür sorgt, dass die Welt anders wahrgenommen wird. Informationen werden anders verarbeitet. Die Verarbeitung kann länger dauern. Auch werden Informationen anders oder auch falsch interpretiert. Es kann auch zu einer Informationsüberflutung kommen.
Es geht mir hier lediglich um die Formulierung:
>>Beim Asperger Syndrom handelt es sich um eine angeborene Krankheit, die nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als nicht heilbar angesehen wird.<<
Auch gibt es genug Fälle in denen das Syndrom erst im Erwachsenenalter, überhaupt nicht oder fehldiagnostiziert wird. Bei Symptomen und Anzeichen sollte erwähnt werden, dass diese nicht für alle Aspies gelten. Denn auch unter den Betroffenen gibt es Unterschiede.
Keineswegs herrscht ein Mangel an Emotionen.
Es fällt einigen Betroffenen nur schwerer als einer neurotypischen Person, die eigenen Gefühle zum Ausdruck zu bringen, oder die der Anderen zu deuten – liegt manchmal an dem mangelnden Blickkontakt, der von vielen gemieden wird.
Oft wird das ständige Sich-Ausdrücken, durch Mimik und Gestik, als unnötig oder anstrengend empfunden. Andersherum gibt es auch Neurotypische, denen es an Expressions- und Interpretationsfähigkeiten in diesem Feld mangelt. Es wäre gut, wenn Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Asperger Syndroms zwischen männlichen und weiblichen Betroffenen aufgelistet werden würden.
Vielen Dank für Deine Hinweise.
Ich habe die Bezeichnung (Erkrankung -> Entwicklungsstörung) angepasst und den Absatz zur Emotionalität geändert.
Ich habe 3 Aspies in der Familie, und mein Freund war Aspie. Bei keinem habe ich Schadenfreude festgestellt, im Gegenteil.
Schadenfreude gehört nicht zu den Kriterien. Wenn, dann eher unangemessenes Lachen in unpassenden Situationen, weil die Betroffenen nicht intuitiv wissen, wie sie sich sonst in solchen Situationen verhalten sollen.
Mein Mann ist Aspi und er ist eindeutig schadenfroh. Er schaut mit Vorliebe Sendungen, in denen anderen Missgeschicke passieren. Das kann er stundenlang und freut sich darüber. Ich glaube, dass es genauso wie bei jedem anderen „Normalo“ auch, Unterschiede gibt, wie es zum Beispiel in der Familie erlernt wurde und welche Werte vermittelt wurden.
Mein Mann ist außerdem jemand, der lieber stundenlang stereotype Sendungen schaut, in denen Häuser gebaut, Gärten angelegt oder Dinge repariert werden. Er liebt es, wenn jemand etwas „falsch“ macht und er denjenigen „verbessern“ kann. Das macht er leider auch in der Familie. Er kann sich nicht in die anderen hineinversetzen, wie sie sich fühlen, wenn so an ihnen herumgemäkelt wird. Er denkt halt, er weiß alles besser. Unterschiede in „mein“ und „dein“ sind bei ihm auch schwierig. Er bewacht alles und im Pinzip gehört alles ihm. Selbst was auf einem anderen Teller liegt, ist seines.
Das Zusammenleben ist schon recht anstrengend. Aber immer wieder gibt es Zeiten, wo es seltsamerweise nicht so schlimm ist und andere, wo man quasi fast davonlaufen möchte. Kann es sein, dass es in Intervallen schlimmer wird und in anderen Zeiten wieder besser? Welche Erfahrungen haben hier die anderen Betroffenen? Könnt ihr mir hier beipflichten oder habt ihr andere Erfahrungen?