Hodenkrebs - Symptome, Ursachen, Behandlung

Hodenkrebs - Schematische Darstellung

Hodenkrebs – Schematische Darstellung Abb. joshya | Shutterstock

Was ist Hodenkrebs?

Hodenkrebs (auch: Hodenkarzinom, Hodenseminom, Keimzelltumor) ist eine bösartige Tumorerkrankung des männlichen Hodens. Das Hodenkarzinom ist mit nur rund 4.000 Fällen1 pro Jahr in Deutschland eine eher seltene Krebserkrankung. Im Gegensatz zu anderen Krebserkrankungen trifft sie vor allem junge Männer zwischen 20 und 40 Jahren1. Als Risikofaktoren gelten Hodenhochstand, durchgemachte Hodenentzündungen und eine überdurchschnittliche Körpergröße.


ICD-10: C62 Bösartige Neubildung des Hodens (Hodenkrebs) Ärztliche Anlaufstellen: Urologe

Lesezeit: 9 Minuten

Hodenkrebs Symptome

Die typischen Anzeichen des Hodenkarzinoms
Verhärtung bzw. Knoten am oder im Hoden
Schwellung eines Hodens
Hodenschmerzen
Schweregefühl im Hoden
Ziehen in der Leiste
Brustwachstum
nachlassende Libido
Schmerzen der Brustdrüsen
Blut im Ejakulat (Sperma)
Bauchschmerzen (Unterbauch)

Alle Veränderungen, die an den Hoden auftreten, sollten ärztlich abgeklärt werden. Eine Selbstuntersuchung der Hoden auf Veränderungen ist aller 3-6 Monate für Männer sinnvoll.

Was tun?

Lage der Hoden im menschlichen Körper
Lage der Hoden im menschlichen Körper (Abb. Dante1969 | Shutterstock)

Die meisten Hodentumore werden durch Selbstuntersuchung entdeckt. Wer beobachtet, dass ein Hoden an Größe zunimmt oder einen Knoten tastet, sollte umgehend einen Arzt aufsuchen. Der Urologe ist der richtige Ansprechpartner.

Hodenkrebs ist in aller Regel gut therapierbar. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt – je nach Tumor und Stadium der Erkrankung – bei 50 bis nahezu 100 Prozent. Eine frühe Diagnose ist für eine erfolgreiche Therapie entscheidend. Hat der Tumor noch keine Metastasen gebildet, liegt die Heilungschance bei über 95 Prozent.

Hodenkrebs wird i.d.R. durch die operative Entfernung des betroffenen Hodens und Chemotherapie behandelt. In frühen Stadien kann auch eine Strahlentherapie infrage kommen.

Diagnose – Was macht der Arzt?

Der Arzt wird den Hoden zunächst mit der Hand untersuchen und dabei auf Schwellungen, Größenveränderungen, Knoten und einen ggf. vorliegenden Druckschmerz achten. Zusätzlich wird der Hoden i.d.R. per Ultraschall untersucht.

Im Rahmen einer sich anschließenden Blutentnahme können diverse labortechnische Tumormarker erhoben werden:

  • Alphafetoprotein (AFP)
  • humanes Choriongonadotropin (Beta-HCG)
  • Laktatdehydrogenase (LDH)

Die Tumormarker haben eine Diagnosesicherheit von 85-90-Prozent und liefern oft deutlich vor der Bildgebung (Ultraschall, CT, MRT) Ergebnisse.

Sollten manuelle Untersuchung, Ultraschall und Laboruntersuchung einen verdächtigen Befund ergeben, wird i.d.R. eine Hodenbiopsie durchgeführt. Dabei wird eine Probe aus dem Hoden entnommen und histologisch untersucht. Damit lässt sich die Diagnose sicherstellen.

Differenzialdiagnosen

  • Blutbruch (Hämatozele) – Ansammlung von Blut im Hoden
  • Hodenbruch (Skrotalhernie) – Absinken von Darmanteilen in den Hodensack
  • Hodenentzündung (Orchitis) – akute Entzündung des Hodens
  • Hodentorsion – Verdrehung des Hodens am Samenstrang um seine Längsachse
  • Nebenhodenentzündung (Epididymiti): akute Entzündung des Nebenhodens
  • Spermatozele – zystische Ausweitung von Nebenhoden oder Samenstrang
  • Wasserbruch (Hydrozele): Ansammlung von Flüssigkeit im Hoden

Behandlung & Therapie

Hodenkrebs ist heute gut behandelbar
Hodenkrebs ist heute gut behandelbar Foto: Africa Studio | Shutterstock

Ist die Diagnose Hodenkrebs durch eine Biopsie und anschließende Histologie sichergestellt, wird der betroffene Hoden i.d.R. entfernt. Diese Operation nennt man Orchidektomie. Im Rahmen dieser wird auch der zweite Hoden biopsiert, um einen Krebsbefall ausschließen zu können. Die Operation dauert rund eine Stunde und wird stationär durchgeführt. Der Patient kann – wenn keine Komplikationen vorliegen – das Krankenhaus bereits nach wenigen Tagen wieder verlassen.

Suche nach Metastasen

Nach der Entfernung des Hodens gilt es zu prüfen, ob der Hodenkrebs bereits in andere Organe – etwa des Bauchraumes – gestreut hat. Auch Metastasen (Tochtergeschwüre) im Gehirn sind ggf. auszuschließen. Zur Suche nach Metastasen kommen bildgebende und schmerzlose Verfahren wie MRT, CT und Szintigrafie zum Einsatz.

Operative Entfernung von Metastasen und Lymphknoten

Das Stadium der Erkrankung entscheidet über die weitere Therapie. Metastasen werden – soweit möglich – ebenfalls operativ entfernt. Meist werden auch die Lymphknoten im Umkreis um den Tumor prophylaktisch entfernt.

Chemotherapie und Bestrahlung

Die weitere Behandlung hängt von der Art des Tumors ab. Seminome sprechen gut auf die Strahlentherapie an, weshalb in vielen Fällen vorsorglich der Bauchraum bestrahlt wird. Bei Nicht-Seminomen hat sich die Strahlentherapie nicht bewährt. Bei beiden Tumorarten kommen moderne Chemotherapeutika zum Einsatz.

In frühen Stadien wird häufig nur operiert und anschließend engmaschig überwacht.

Lebenserwartung, Heilung & Prognose

Hodenkrebs gehört zu den gut behandelbaren Krebserkrankungen. Die Heilungsraten sind – vor allem in den frühen Stadien – sehr gut. Moderne Chemotherapien haben aber selbst dann noch gute Erfolgsquoten, wenn die Erkrankung schon weit fortgeschritten ist und sich Fernmetastasen gebildet haben.

Bei Seminomen beträgt die Heilungsrate zwischen 80 und 100 Prozent – bei Nicht-Seminomen je nach Stadium zwischen 50 und 100 Prozent.

Sterbens- und Überlebensraten2

Die Überlebensraten verbessern sich mit dem Fortschritt der Medizin. Die Behandlung von Krebserkrankungen ist Gegenstand intensiver Forschung, die jährlich neue Therapieoptionen liefert.

Jahr5 Jahre10 Jahre
201496%95%
201697%97%

Sterberate: 0,0003 Prozent (Gesamtbevölkerung 2016)
Erkrankungsrate: 0,01 Prozent (Gesamtbevölkerung 2016)

Medikamente / Chemotherapie

Im Rahmen einer Chemotherapie bei Hodenkrebs kommt heute die Wirkstoffkombination PEB zum Einsatz:

P = Cisplatin
E = Etoposid
B = Bleomycin

Bleomycin kann durch Ifosfamid ersetzt werden, um die Lungenfunktion – etwa bei Berufssportlern – zu schonen, die durch Bleomycin negativ beeinträchtigt wird.

Nebenwirkungen der Chemotherapie:

  • Appetitverlust
  • erhöhte Infektanfälligkeit
  • Gefühlsstörungen in den Gliedmaßen
  • Haarausfall
  • Hautveränderungen
  • Höhrminderung
  • Störungen des Geschmackssinns
  • verminderte Blutgerinnung
  • verminderte körperliche Leistungsfähigkeit
  • verminderte Lungenfunktion
  • verminderte Nierenfunktion
  • Verlust der Zeugungsfähigkeit
  • Übelkeit

Folgen

Wurde im Rahmen der Operation ein Hoden entfernt, hat das kaum Auswirkungen auf die Lebensqualität. Eine Hormonersatztherapie wird i.d.R. erst dann nötig, wenn beide Hoden entfernt werden mussten. Das ist nur bei etwa fünf Prozent der Hodenkrebs-Patienten der Fall.

Wichtig ist, dass der Patient alle Nachsorgetermine einhält, um im Fall von auftretenden Rezidiven schnell reagieren zu können. Diese sind bei Hodenkrebs allerdings relativ selten. Im Rahmen der Nachsorge wird der verbliebene Hoden per Ultraschall untersucht, die Tumormarker im Blut erhoben und ggf. mittels Bildgebung der Bauchraum, die Lunge und das Hirn auf Metastasen untersucht.

Patienten, die sich aus ästhetischen Gründen am fehlenden Hoden stören, können mit einer Hodenprothese versorgt werden. Die besteht aus einem Silikonkissen, das in Größe und Form dem verbliebenen Hoden angepasst werden kann. Die Hodenprothese ist funktionslos, stellt aber den haptischen Eindruck vor der Operation wieder her.

Vorsorge

Für Hodenkrebs gibt es im Moment kein ärztliches Screening. Männer sind daher auf die Selbstuntersuchung angewiesen, die Erwachsenen halbjährlich empfohlen wird. Dabei wird der Hoden in entspannter Haltung – beim Baden oder Duschen – vorsichtig auf Auffälligkeiten abgetastet. Dabei sollte jeder Hoden einzeln abgetastet und auf folgende Auffälligkeiten geachtet werden:

  • Größenveränderungen
  • Schwellungen oder Verhärtungen
  • Unterschiede zwischen beiden Hoden

Bei auftretenden Auffälligkeiten, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Der Urologe ist der richtige Ansprechpartner für Erkrankungen des Hodens.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen von Hodenkrebs sind – trotz intensiver Forschung – noch nicht bekannt. Es gibt aber bestimmte Risikofaktoren, die die Entstehung von Hodenkrebs zu begünstigen scheinen:

  • Entzündungen des Hodens
  • familiäre Vorbelastung
  • Frühpubertät
  • genetische Faktoren
  • Hodenhochstand in der Kindheit
  • Pflanzenschutzmittel-Exposition
  • Schwermetall-Exposition
  • überdurchschnittliche Körpergröße

Das Hodenkrebs-Risiko bei Patienten mit Hodenhochstand ist um das 10-fache erhöht – selbst dann, wenn dieser schon im Kindesalter operativ behoben wurde. Wurde der Hodenhochstand nicht behoben, gilt heute die Empfehlung, den hochstehenden Hoden prophylaktisch zu entfernen.

Eine Häufung von Hodenkrebs-Fällen hat man in Dänemark beobachtet. Die Ursache dafür konnte bislang nicht ermittelt werden.

Verbreitung

Hodenkrebs gehört mit einem Anteil von rund 1,6 Prozent an allen Krebs-Neuerkrankungen zu den eher seltenen Krebsarten. Rund 4.000 Hodenkrebs-Diagnosen werden in Deutschland jährlich gestellt. Im Gegensatz zu den meisten Krebserkrankungen, deren Erkrankungshäufigkeit im Alter stark ansteigt, trifft Hodenkrebs vor allem junge Männer unter 40 Jahren. In der Altersgruppe zwischen 20 und 45 Jahren ist Hodenkrebs die häufigste Krebserkrankung.1 Zwischen 20 und 30 Prozent aller Krebsdiagnosen in diesem Altersfenster sind Hodenkrebs-Diagnosen.

Die Erkrankungsrate steigt in den westlichen Ländern seit Jahren kontinuierlich an. Die Ursache für den Anstieg ist noch nicht identifiziert, wird aber in der veränderten Lebensweise vermutet.

Starker Anstieg in Deutschland

Für Deutschland hat das Berliner Robert-Koch-Institut eine Verdopplung der Fallzahlen seit 1980 ermittelt. Deutschland ist damit – nach Dänemark – weltweit das Land mit der höchsten Hodenkrebs-Rate. 2014 erkrankten in Deutschland 4.070 Männer neu an Hodenkrebs, 153 starben daran. Die Prognose für 2018 geht von 4.440 Neuerkrankungen aus. Die Ursachen für den Anstieg der Neuerkrankungen sind nicht bekannt.

Durchschnittsalter bei Erkrankung

Das Durchschnittsalter bei Neuerkrankungen liegt bei etwa 38 Jahren.1

Typen

  • Seminome (ca. 65 Prozent der Erkrankungen) – bilden sich aus unreifen Keimzellen oder Spermatozyten
  • Nicht-Seminome (ca. 35 Prozent)

Fragen und Antworten

Kann ich auch mit Hodenkrebs noch Kinder bekommen?

In den meisten Fällen lautet die Antwort auf diese Frage: Ja! Zwar wird die Spermaqualität durch die Behandlungen im Rahmen einer Hodenkrebs-Therapie gemindert. In der Regel sind die Patienten aber innerhalb von zwei Jahren nach der Behandlung wieder zeugungsfähig.

Da es dennoch zu einer dauerhaften Schädigung des samenbildenden Systems kommen kann, sollten Männer mit Kinderwunsch vorsorgen. Sperma lässt sich vor der Behandlung des Tumors konservieren und bei einer Samenbank für eine künftige Kinderwunsch-Behandlung einlagern.

In den ersten zwei Jahren nach der Tumorbehandlung sollte verhütet werden, da die eingesetzten Therapiemittel das Erbgut temporär verändern können und somit das Risiko für Fehlgeburten und Fehlbildungen des Babys erhöhen. Während der Chemotherapie sollte mit Kondomen verhütet werden, da die Chemotherapeutika die empfindlichen Schleimhäute der Partnerin schädigen können.

Sollte ich mir vor der Operation eine zweite Meinung einholen?

Untersuchungen haben ergeben, dass eine Zweitmeinung bei Hodenkrebs zu einer deutlich verbesserten Therapie und damit auch zu größeren Behandlungserfolgen führt. Mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe wurde daher ein Netzwerk für die schnelle Einholung von Zweitmeinungen eingerichtet.3

Der behandelnde Arzt kann dort die diagnostischen Unterlagen einreichen und damit die Meinung eines spezialisierten Kollegen einholen. Das wird heute schon bei etwas einem Viertel der Hodenkrebs-Fälle gemacht.

Prominente Hodenkrebspatienten

Es gibt einige bekannte Persönlichkeiten, die sich öffentlich zu ihrer Hodenkrebs-Erkrankung bekannt haben:

  • Ivan Basso (Profi-Radrennfahrer)
  • Lance Armstrong (Profi-Radrennfahrer)
  • Marco Russ (Profi-Fußballer)


Medizinjournalist
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Sebastian () arbeitet seit Jahren für medizinische Onlinemedien. Er engagiert sich ehrenamtlich in BOINC-Projekten zur Krebsforschung. Sebastian ist verheiratet, hat ein Kind und lebt in Berlin.

Quellen

Patientenerfahrungen:

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